Ich habe wie auch letztes Jahr über zwei Tage verteilt mehrere Slots auf der Countrymesse gespielt, und in den ewigen Spielpausen hängt man dann eben auch bei den Jungs von Höfner ab, schnorrt Salzstangen und befingert, was so rumsteht. Letztes Jahr hatte ich dann eine Verithin CT im Gepäck, als die Messe vorüber war. Dieses Jahr hatte ich den festen Vorsatz, nicht schon wieder Geld zu versenken.
(Nichtgitarristen können jetzt zum letzten Absatz springen, ohne etwas zu verpassen)
Na ja, es hat nicht sollen sein. Und dann ist es natürlich auch noch ein in Deutschland gefertigtes Modell geworden. Wobei die Höfner Club 50 wirklich ganz anders ist als alles, was ich bisher in den Fingern hatte.
Das fängt schon mal bei der schrulligen Mensur von 25 1/4 an – also in der Mitte zwischen Fender (25,5) und PRS (25),
Gewicht: Keines, treibt schwerelos vor dem Bauch. Fühlt sich jedenfalls so an.
Dann haben wir einen Ahornvollhohlkorpus mit Fichtendecke, mit makelloser Nitrolackierung – kleiner als ein Paulakorpus.
Ebenholzgriffbrett, Nullbund, eingeleimter Hals, Ahorn/Buche/Ahorn. Der Hals ist “schwebend” ausgeführt, ähnlich wie bei einer Geige.
Zwei “Bar”-Pickups, höhenverstellbar – Humbucker mit SC-Formfaktor.
Klang: komplett anders als alles, was ich je angefasst habe. Überraschend. Und – wie ich finde – grandios.
Wie beschreibt man so etwas…. beginnend bei der Hüllkurve: Antritt ist mit der schnellste mir bekannte überhaupt. Sehr deutlicher Anschlag. Sustain ist eher mittelprächtig, aber gleichmäßig und nicht schlecht.
Klang: Riesig, raumgreifend, immer transparent und *extremst* von Anschlag und Tonformung abhängig. So einen “tiefen”, wandelbaren Ton kannte ich bis dato nicht. Höhen sind reichlich und dabei angenehm da, mit fast akustischem Touch. Bässe sind groß und präzise, Gitarre im besten Sinne.
Spielgefühl: Zickig, die Gute. Technisch anspruchsvoll. Sauber intonieren will gelernt sein, und wer die Grundlagen vergessen hat, wird hier nachdrücklich daran erinnert, sich doch bitte mal wieder damit zu beschäftigen. Ich weiß nicht wirklich, woran das liegt. Ich hatte schon kürzere Mensuren, die da unkomplizierter sind. Mit den werksseitig installierten 10er Pyramids muß man sehr aufpassen, nicht irgendwie zu “verziehen”. Bünde: keine Ahnung, vielleicht einen Tacken höher als 6105er Dunlops. Keine Lagenmarkierungen an der Seite des Halses, was zusammen mit der ungewohnt kleinen Form bei den ersten größeren Lagenwechseln unweigerlich ins Fiasko führt.
Diese Zickigkeit ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist eine für mich in *dieser* Ausprägung einzigartige Formbarkeit des eh schon einzigartigen Tons. Mir ist jedefalls auf das heftigste die Kinnlade heruntergefallen, während die Ohren locker an Spiralfedern um den Kopf pendelten.
Probiert habe ich bis zum heftigen Crunch, welcher einen mit Ohrfeigendirektheit anspringt, die Ihresgleichen sucht. Uff.
Die Übersetzung der offenen Reihenmechaniken ist ungewohnt, man ist schnell mal über den Punkt drüber. Bei dieser Preislage hätte ich eigentlich etwas anderes erwartet, eventuell ist das der Tribut an die Tradition. Vielleicht auch bei Gewöhnung ganz gut. Wird sich finden. Wenn nicht wird operiert.
Die Umschaltung der Pickups geht über die Reglerplatte vor sich. Für mich bar jeder Ergonomie. Gründlicher kann man den Spielfluss nur mit einem PRS-5weg-Drehschalter unterbrechen. Gewöhnungsbedürftig, mal vorsichtig gesagt. Aber die Ergebnisse, wenn man die Pickups mischt sind – überraschend und anders als üblich (Wer hätte das gedacht). Aber ich werde mir jetzt nicht zu gitarrenpostillenüblichen Sprachverballhornungen wie “verschränkte Stimmlichkeit” oder “feste Strahlkraft” hinreißen lassen.
Gewöhnung ist sowieso das Zauberwort. Gewicht, Mensur, Form, Pickupumschaltung, Spielgefühl – alles ganz anders als bei den üblichen Verdächtigen. Na ja, eine entfernte Verwandschaft zu Gretsch könnte man vielleicht noch ansatzweise attestieren. So als angeheirateter ausgewanderter Ururgroßneffe. Den würde ich auf der Straße auch nicht erkennen, wenn ich es nicht wüßte.
Die Club 50 hat dafür gesorgt, daß ich am Samstag um 19:00 anfing und um 23:00 aufgehört habe, mit blödem Blick und leise sabbernd vor mich hin zu dudeln. So etwas gab es schon lange nicht mehr. Wenn das so weitergeht, kann es nicht lange dauern mit der Gewöhnung. Hoffentlich geht wenigstens das Sabbern wieder weg.
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